Im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen erforscht das Mobile Knowledge Lab Multigraphen als Ansatz zur Vorhersage fiskalischer Risiken und zur Verbesserung der Treffsicherheit behördlicher Prüfungen.

Im Bereich der Betrugsbekämpfung stellen die Verfahren der Predictive Analytics einen wesentlichen und etablierten Ansatz dar. Ein Teilbereich dieser Verfahren beschäftigt sich mit Methoden der Sozialen Netzwerk Analyse (SNA), die auf der Graphentheorie aufbauen. Dabei wird digital eine sogenannte Graph-Datenstruktur erstellt, in der real beobachtete Beziehungen zwischen den Akteuren nachgebildet werden. Netzwerke, die aus unterschiedlichen Verbindungen und Verbindungstypen bestehen, können in sogenannten Multigraphen modelliert werden.

Das Mobile Knowledge Lab forscht in diesem Zusammenhang an neuen Methoden, Multigraphen für die fiskalische Risikobewertung nutzbar zu machen, indem komplexe Beziehungen der Wirtschaftsrealität nachmodelliert werden.

Die Abbildung zeigt beispielhaft sowohl die finanziellen als auch die personellen Verbindungen zwischen vier Unternehmen. Auf Basis der Untersuchung bekannter Betrugsfälle in solchen Netzwerken könnten wiederkehrende Betrugsmuster identifiziert werden.

Predictive Analytics wird in den unterschiedlichsten Bereichen und Branchen eingesetzt, etwa der Telekommunikation, dem Bankwesen oder bei der Bekämpfung von Desinformation. Auch das Bundesministerium für Finanzen setzt auf diese Methoden. So können etwa Informationen über große Dienstnehmermigrationen, Auftragsvergaben oder Beteiligungsstrukturen genutzt werden, um Verbindungen zwischen Firmen zu modellieren. Das Ziel dabei ist, durch Vorhersagen die Trefferquote bei Prüfverfahren zu erhöhen und so die Einhaltung aller Abgabenvorschriften sicherzustellen, ohne die Wirtschaftstreibenden mit unnötigen Prüfungen aufzuhalten. Auch die schwer aufzudeckenden Karussellgeschäfte, eine in der EU verbreitete Form des Steuerbetrugs, kann ein Anwendungsfeld für Predictive Multigraph Analytics sein.

Projektleiter Bernhard Göschlberger sieht nach dem ersten Forschungsjahr großes Potential: „Wir konnten zeigen, dass die modellierten Netzwerke hinsichtlich der Zielvariablen homophil sind. Das heißt, dass sie die nötigen Eigenschaften für gute Vorhersagen haben.“

Im kommenden Jahr liegt der Fokus des Forschungsprojektes vor allem auf der zeitlichen Komponente solcher Zusammenhänge. Zufällige Beziehungen mit betrügerischen Unternehmen sind in Vorhersagen anders zu bewerten als langjähriger Austausch.